Corona und Bibelkauf 20202-23

Untenstehenden Text habe ich 2020 verfasst - er ist aber auch drei Jahre später immer noch aktuell. Einige Auktionshäuser machen es inzwischen anders und gehen wieder vom Startpreis aus und preisen die Onlinegebote mit den Saalgeboten dann ein. Ein Missverhältnis gibt es immer noch; man muss praktisch bei den Auktionen der Gegenwart live dabei sein. Meist über eine Onlineplattform - was dann wieder 1-4% Gebühr kostet. Das läppert sich für den Käufer meist auf über 30% Gebühren! Horrender Wahnsinn!


Wie Corona die deutschen Auktionshäuser verändert - ein Plädoyer für die Vorgebote!
Offener Brief an die deutschen Auktionshäuser! Dezember 2020

Seit der Erfindung des Internets hat sich das Sammeln alter Bücher verändert. Immer weniger waren jene rührigen Sammler und Wiederverkäufer im Vorteil, die mit Geld, Fachwissen vor allem aber Zeit üppig ausgestattet, die einzelnen Auktionshäuser zur Besichtigung und zum Mitsteigern abklapperten. Ein kleiner aber feiner Sammlertroß wälzte sich da durch die Bonner Bundesrepublik. Mit der Etablierung von ZVAB oder Abebook konnten sich die Händler (häufig) und Auktionshäuser (selten) erstmals einem großen Publikum vorstellen. Die großen Auktionshäuser ignorierten meist diese neue Vertriebsschiene und setzten, häufig auch zu Recht auf die Stammkunden und das Saalpublikum. Auch ebay war zwar schmerzhaft, aber auch damit arrangierte man sich mit der Zeit. Mit Corona hat sich nun ein Vertriebsweg etabliert, den es vorher zwar auch schon gab, der aber seine Bedeutung im letzten Jahr exponentiell steigern konnte. Die Liveauktion, in welche der deutschsprachige Sammler und Interessierte beinahe ausschließlich über Lottissimo einsteigt. Eine Internetplattform hinter der kein arriviertes Auktionshaus steht sondern die Auction Technology Group, die vor allem mit Internethosting ihr Geld verdient. Nur wenige internationale Häuser leisten sich eigene Softwarelösungen. Sie sind zwar in vielen Häusern angedacht, wurden aber in der Eile nicht mehr realisiert. Das Saalpublikum gibt es nicht mehr, nur aus dramaturgischen Beweggründen nehmen einige Mitglieder des Auktionshauses diese Funktion war.
Was zählt sind die Vorgebote und die Gebote der Liveauktion. Und hier beginnt das Unglück. Wie heuer im März zu beobachten, nehmen die meisten Auktionshäuser nun die schriftlichen Vorgebote als Einstiegsgebot her und lassen diese dann vom Internet hochlizitieren. Das ist für das Haus meist angenehm, steigert man so doch den faktischen Einstiegspreis gleich einmal kräftig. Für den, der die Vorgebote abgibt, ist es ein wahnsinniger Nachteil - irgendwer geht immer über das hohe "Anfangsgebot" drüber, dass faktisch ein Endgebot ist. Unfair ist es auch, da der faktische Einstiegspreis nur mehr im Katalog auf 50% bzw. 2/3 liegt und man in realiter mit dem höchsten Vorgebot in die Auktion einsteigt. Kurz gedacht ist es außerdem. Was passiert? Praktisch alle Sammler und Wiederverkäufer stellen sich um und nehmen an der Auktion live teil. Die Vorgebote werden weniger, die Einstiegspreise sinken - zumindest mittelfristig. ABER: Meist werden aus abgewanderten Onlinekunden keine Stammkunden mehr. Die Bindung zum Haus sinkt, die Gebühren steigen kräftig (das Haus nimmt Geld für die Onlinegebote), die Plattform hält auch noch die 3% Hand auf. Nichts davon haben die Ersteigerer und ich glaube langfristig auch nicht die Auktionshäuser. Hier wird ein Weg beschritten, der nur den monopolartig organisierten Abwicklungsplattformen (der Plural ist kein Zufall, die USA und GB haben dasselbe Problem, nur gibt es hier mehrere Konkurrenzplattformen, die teilweise ja auch bei uns aktiv sind) hilft und sonst niemand. Gegensteuern? Wieder mit fairen Startgeboten beginnen und Vorgebote und Internetgebote gleich behandeln. Das wäre ein Anfang.